VorTrialog in Berlin 170808

Berlin am 08.08.2017

Ivan, Toula und Morelli

Kreide auf Tafel

Ivan, Morelli und ich treffen uns am S Bahnhof Gesundbrunnen. Wir kennen uns bisher nicht bzw. kaum. Ivan hat vor ein paar Jahren bereits einige Trialog-Abende in seiner Küche abgehalten. Wie er mir später erzählt, ist er verwandt mit Teddy King und ist dadurch in den Trialog reingewachsen. Man kann also sagen, er hat das Dreieck nach Berlin getragen. Ich selbst bin über Umwege im Mai 2017 zum Trialog gekommen. Nach einem Skype-Gespräch mit Apollon, der mich auf Twitter zuvor dumm angemacht hatte (Er rechtfertigte dies mit Zigarettentzug!), war ich neugierig darauf, wer beim Trialog in Marburg dabei sein würde und was der Trialog überhaupt ist. Von Apollon kam auch der Hinweis, dass Pumuckl mit dem Auto von Berlin nach Marburg fahren würde. Ich schrieb ihn zwecks einer Fahrgemeinschaft über Twitter an. Ein paar Tag später quatschten wir am Telefon miteinander und die Sache war geritzt. Also auf nach Marburg! Nach einer gefühlten Ewigkeit bei brütender Hitze zusammen auf der Autobahn wäre es also falsch zu behaupten, Pumuckl und ich kennten uns nicht. Auch er hat bereits einige Trialog-Abende – in verschiedenen Städten – erlebt.
Chronologisch betrachtet bin ich also die Jüngste im Bunde, jedenfalls was den Trialog betrifft. Wir sind also durch verschiedenen Impulse zum Trialog gekommen und müssen uns erstmal beschnuppern, bevor wir einen Trialog auf die Beine stellen können: Im Laufe des ersten Treffens wird mir klar, dass wir an die Sache vorsichtig herangehen sollten, weil sich Bedingungen geändert haben und alles anders ist, als Schlomo die Geschichte des Trialogs Hamburg auf Zeithueter erzählt. Ich habe den Eindruck, es hat eine Zäsur stattgefunden, die der Einbezug von sozialen Medien für den Trialog bedeutet.
Aber zurück zum Gesundbrunnen: Ivan hat eine kleine Tafel unterm Arm, als ich mit Verspätung ankomme. Er strahlt mich an, seine Haare stehen lustig von seinen Kopf ab. Im Gegensatz dazu bin ich wie sooft gestresst. Morelli wartet im Park vor dem Bunker auf uns und ist in ein Buch vertieft, als wir ihn entdecken. Wir setzen uns kurz auf die Wiese, beschließen, dass wir diesen Abend als VorTrialog betrachten, weil wir keine Agenda haben, viel besprechen wollen und das Kennenlernen im Vordergrund steht. Dank Ivan werden wir aber heute schon malen! Draußen, auf der Bunkeranlage Humboldthain, wo es langsam dämmert und am Ende des Abends stockdunkel sein wird. Wir haben ein Teelicht dabei, entzünden es, sobald wir oben auf angekommen sind.


Außerdem zünde ich ein Räucherstäbchen an, was ein Mädel, die in unserer Nähe chillt, sehr stört. Sie kommt zu uns und verlangt, dass wir das Ding sofort ausmachen. Mensch, stell dich nicht so an, geht gleich von allein aus! Nach ein paar Minuten kommt sie zurück, wir sollten unseren Esokram doch woanders durchziehen, es stinkt immer noch! Ich bin nicht auf den Mund gefallen und gebe zurück, sie solle sich doch ein wenig in Toleranz üben… Naja, vielleicht bin ich auch ein bisschen gereizt und verjage sie.
Endlich wird es ruhiger. Es ist ein intensiver Abend, den wir miteinander teilen und ich wundere mich, wie aus Interesse am Trialog aus Fremdheit zaghaft Vertrauen wächst. Es ist nämlich etwas heikel, als wir ein Lügenspiel spielen. Jede*r von uns packt drei delikate Geschichten aus, von der nur eine stimmt. Die anderen beiden sollen erraten, welche der Wahrheit entspricht und welche frei erfunden sind. Wir beginnen zu malen. Aus Spaß fangen wir unser Bild mit den Füßen an. Da wir keine Agenda haben, regt Ivan an, das Hummel-Hummelspiel zu machen, also summen wir. Ich bin die einzige Raucherin und merke, dass ich aus dem letzten Loch pfeife. So geht das nicht weiter… Pumuckl schlägt vor, gemeinsam zu schweigen, was wir fünf Minuten tun. Ivan erzählt von den Trialogen in seiner Küche. Er hat klare Vorstellungen, die deutlich von dem abweichen, was ich in Marburg erlebt habe.
Beim gemeinsamen Malen einigen wir uns darauf, dass wir die Tradition des Trialogs in Ehren halten wollen, es uns als „next generation“ aber erlauben, auf einer Welle der Erneuerung zu surfen. Unsere Mission ist es, demTrialog Leben einzuhauchen!
Ähnlich wie in Hamburg stellt die Suche nach einem geeigneten Ort, den wir regelmäßig zum Reden, Malen und Faxen machen nutzen können, als größtes Hindernis zu einem regelmäßigen Trialog dar. Ich habe bei den Leuten auf der Wiesenburg (Bitte eintreten) ein offenes Ohr gefunden und darf den nächsten Trialog, der in drei Wochen stattfinden soll, dort abhalten. Außerdem hoffe ich darauf, ihm dort für eine befristete Ewigkeit eine Heimat bieten zu können. Mir persönlich ist die räumliche Atmosphäre für den Trialog so wichtig ist wie anderen die 3*** Kreide, also komme ich aus dem Jubeln nicht mehr heraus, weil sich alles so vielversprechend entwickelt…

Keine Angst, keine Schuld!

-Toula

So ist es! 

Erstmals treffen sich an diesem Abend Toula, Ivan und Pumuckl, um zu gucken, was geht. Toula lädt uns zum täglichen Kreide-Mandala-Maler ein, ehe wir obdach- und ahnungslos in den Humboldthain ziehen und den alten Bunker besteigen. 

Wir stellen eine winzige Tafel auf, zünden eine Kerze und lernen uns kennen; dabei sagen wir uns immer nur zwei von drei Wahrheiten und wissen am Ende nicht nur, wie die anderen so sein könnten, sondern auch, wie sie lügen mögen. 

Dann wird sehr lange diskutiert: Wer oder was sind wir? Wer oder was ist der Trialog? Wie wollen und müssen wir das ganze machen? Was bringen wir mit? Was davon ist Altlast und was davon wert bewahrt zu werden? 

Dabei wird gemalt. Wir beginnen mit den Füßen. Die kleine Tafel füllt sich schnell, verändert sich dann aber immer wieder. Langsam wird es dunkel. Wir sprechen immer noch darüber wie es weitergehen soll, aber auch über wortlose Kommunikation, übers Schreiben, übers Lernen und Lehren und darüber, wie wir uns wahrgenommen haben.

Am Ende schweigen wir zusammen und genießen die Lichter über der Stadt, den fernen Fluglärm. Dann: Aufbruch. Wir wollen uns wieder sehen. In drei Wochen.

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Eine Antwort auf VorTrialog in Berlin 170808

  1. schlomo sagt:

    Das finde ich ganz toll! Gern komme ich Euch mal besuchen. Liebe Grüße, Schlomo

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