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Hamburg am 01.12.2010dritter Tag des elften Zyklus

Neustart

Ivan, Ghost Rider, Schlomo, Elvis Pressler und Mosche

150 x 100 cm, Kreide auf Schultafel, gelöscht am 08.12.2010

Viel Glück

Es ist Sonntag Abend. Die Sonne scheint. Ich sitze am Tisch und esse Fisch. Das Glas ist halb leer. Ein Gähnen ist zu hören. Der Winter ist mir egal. Schnee fällt und taut wieder. Er rückte auf seinem Stuhl nach vorn. Er spürte die Cordhose. Er rückte zurück. Was für ein schönes Gefühl, dachte er sich. CORD, weich und warm. Er strich sich durch das Haar. Erst mit der rechten Hand und dann mit der Linken. Das machte er immer so. Eine alte Gewohnheit, die er selbst schon gar nicht mehr wahrnahm. Er saß/stand noch eine Weile und schaute sich um. Er war einfach da. Dann stand er auf und dachte sich: Ich bin hungrig. Sein rechte Hand fuhr durch sein Haar, danach fuhr er sich mit der Linken durchs Haar. Er sah aus dem Fenster. Der selbe Hinterhof. Seit Jahren schon. Auf seinem Fernseher geschahen zu jeder Zeit unglaubliche Dinge, die ihn berührten. Aber eigentlich hatte das alle nichts mit seinem Leben zu tun. Sein Leben war dieser Hinterhof. Sein Bett. Die Küche. Seine Arbeit. Jeden Tag normaler Alltag. Die Sensationen seines Lebens waren nur Bilder auf Bildschirmen, auf Papier, in Büchern. Die Bilder in seiner Welt änderten sich nie. Wie dieser Hinterhof. Graue Mauer, grünes Gras, gelbe Blumen und Nachbarn, die die Wäsche aufhängen. Frau Hansen hängt ein graues Shirt auf und ich habe das Gefühl, immer noch nicht mit dem Essen fertig zu sein. Mein Bauch wird dicker. Sport? Der Hinterhof wirkt einsam. So wie Frau Hansen und ich. Lustig schmelzen die Schneeflocken auf dem Fensterbrett. Da ist Marvin, der Nachbarssohn. Er hat eine Schreib-Leseschwäche. Das halbe B und ein ganzes D kann er schon. Er rutscht wieder auf seinem Hocker hin und her. Die Cordhose verklumpt sich zwischen seine Arschbacken und er greift nach dem Kaffeebecher. Er hätte doch den anderen Kaffee nehmen sollen. Gala hat einfach ein kräftigeres Aroma. Ein Tropfen Kaffee läuft am Becher herunter und fällt auf seine Cordhose. Ein dunkelbrauner Fleck ist auf seiner beigen Cordhose zu sehen. Er seufzt, nimmt den Lappen aus der Spüle und versucht, den Fleck aus der Hose zu wischen. Es gelingt ihm nicht ganz, ein heller, leicht verwischter Fleck ist immer noch zu sehen. Egal, dachte er sich und warf den Lappen wieder zurück in die Spüle. Ich werde eh bald wieder Wäsche waschen müssen. Er zündet sich mit seinem goldenen Feuerzeug genüsslich eine Kippe an und atmet den Rauch tief ein., denn er liebte diesen leichten Schmerz in der Lunge, der dabei auftrat. Er fragte sich kurz, was er davon eigentlich genoss, verwarf den Gedanken daran aber sofort wieder, wischte sich mit beiden Händen über die Cordhose und genoss dabei das Geräusch, das dabei entstand. In einer Zeitschrift hatte er gelesen, wie ungesund das Rauchen für seine Lunge ist. Deshalb machte er die Zigarette aus. Erst fuhr die linke Hand durch sein Haar, dann die Rechte. Heute war er richtig gut drauf. Ein kleines Blatt Zeitungspapier wehte ihm vor die Füße und er hob es auf, um es in den Müll zu werfen. Langsam ging die Sonne unter, trotzdem war es noch sehr lange ein schöner und warmer Sommertag. Sein Leben war eigentlich ganz OK. Irgendwann war es vorbei, wie dieser Tag. Und es wird auch so gewesen sein, wie dieser Tag, nur mit tausenden Sonnenauf- und -untergängen. Aufregende Dinge passieren irgendwo, aber er hatte nie etwas mit den eigenen Augen gesehen. Immer hatte man ihm nur davon erzählt. Er konnte inzwischen nicht mehr daran glauben, dass irgendetwas davon wahr war. Was solls. Die Sonne würde ihn weiter wärmen. Was sollte zwischen ihn und die Sonne treten? Plötzlich tauchte erneut Frau Hansen auf. Woher kam die schon wieder? Sie warf einen großen Schatten auf ihn. Er wollte denken [ Auslassung wegen Selbstzensur ] , dachte aber „Wieso muss sie mich nerven?“ und sagte schließlich: „Guten Tag Frau Hansen.“ „Tag!“ „Wie geht es Ihnen?“ Die Sonne war wieder da. „Mir geht es gut, danke!“ „Wollen Sie einen Tee?“ „Ja, gerne.“ Er ging auf das Sofa zu, das wie immer auf ihn wartete. Frau Hansen setzte sich zu ihm, und erzählte von ihrer Tochter in Australien, die tolle Tochter, die sie hat. Sie hat nur die eine. Er rückt wieder vor auf dem Sofa, und alles ist wie immer. Der gleiche Geruch, die gleiche Situation, die selbe Cordhose. Er stand auf und verabschiedete sich von Frau Hansen.

Am Abend packte er seine Koffer. Die richtige Zeit für eine Reise. Viel Glück!

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