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Hamburg am Mittwoch den 08.07.2009, dritter Tag des ersten Zyklus

Adam und Eva

Gemalt von Diana, Schlomo und Mosche

An diesem Abend lesen wir bei Kerzenlicht den Anfang der Bibel. Wir versuchen es so hollywoodmässig wie möglich rüberkommen zu lassen. Michael macht den MC und unterlegt die Lesung mit wabernder Chill-Musik. Es ist in der Tat sehr unterhaltend. Die anschließende Diskussion über die Geschichte ist spannend. Wer ist die Schlange, z.B.? Wir lesen die Geschichte so, dass wir denken, dass Eva der erste Mensch gewesen ist, weil sie als erste aus Leidenschaft und Neugier die Wahrheit wissen wollte, und die hat sie dann ja auch bekommen. Alle Menschen kennen seitdem den Unterschied zwischen gut und böse. Diese Fähigkeit ist zentral für alle Menschen, und daher Adam und Eva vor dem Sündenfall als eine Art Proto-Mensch zu betrachten. Erst mit Eva und dem in der christlichen Mythologie so genannten Sündenfall beginnt die Menschwerdung.* **

Wir danken Eva herzlich für diesen Beitrag, weil wir deshalb eben Menschen sind.

Wegen des Wunsches nach einem sichtbaren Arbeitsergebnis unserer Abende beschließen wir, gemeinsam ein Bild zum Thema des Abends zu malen. Wir malen auf Karton mit den Buntstiften unserer Kinder.

Es ergeben sich Fragen: Wie malt man überhaupt zusammen ein Bild? Darf jeder nur eine bestimmte Zeit malen, oder jeder, solange er will? Darf man über die Striche der anderen drüber malen, oder nicht? Was malen wir überhaupt? Abstrakt oder gegenständlich? Wem gehört das Bild am Ende?

Über diese Fragen entwickelt sich ein sehr spannender, gruppendynamischer Prozeß, der stellvertretend für alle Aufgaben steht, die man in einer Gemeinschaft erledigen muss. Für was brauchen wir Regeln, für was nicht? Aber auch: Gehe ich den anderen auf die Nerven?  Kann ich überhaupt malen? Finde ich das, was ich selbst male scheiße, weil es jemand anders scheiße finden könnte? Komme ich zu kurz, oder werden meine Ideen ausreichend gewürdigt? Es ist erstaunlich, wie nahe uns dieser Prozeß geht. Wir singen „Mandy“ von Berry Manilow.

Da dieses Bild im Gegensatz zu allen anderen auf Karton gemalt ist, ist das Original erhalten, aber unverkäuflich.

* In einer Dokumentation über das Thema vermutete ein Wissenschaftler, dass es sich bei Adam und Eva um eine urzetliche Beschreibung des Überganges vom Jäger und Sammler zum seßhaften und ackerbauenden Menschen handeln könnte. Während der Jäger und Sammler nur auf seine Umwelt zu reagieren brauchte, um von ihr direkt zu leben, entwickelt der Ackerbauer Erkenntnis, nämlich Technologien, die ihn zum Ackerbau in die Lage vesetzen. Mit diesem Schritt ensteht Plötzlich Eigentum und Rivalität. Es bilden sich Hierarchien, es gibt Streit um weltliche Dinge (Kain und Abel). Plötzlich ist der Mensch aus dem Paradies vertrieben – durch seine Erkenntnis.

** Ich persönlich denke, dass die Menschwerdung mit dem im weitesten  Sinne ‚Erkennen Gottes‘ zusammenhängt. Erst in dem Moment, als sich die Menschen begannen gemeinsam über Sprache (~Technologie) auszutauschen, erblickten und artikulierten sie gemeinsame Götter. Diese Götter hatten immer eine moralische Position über den Menschen und nur, weil Menschen dies allgemein anerkannten, konnte man sich gegenseitig vertrauen, auch über große Entfernungen hinweg und ohne direkten Kontakt, und gemeinsam viel Größeres schaffen, weil alle gemeinsam unter der moralischen Aufsicht von Göttern standen.

In dieser spirituellen Fähigkeit, nämlich der reinen Vorstellung, dass jemand mich beobachtet und ich dazu in der Lage bin, mich in Gedanken von seinem Standpunkt aus zu betrachten – und zu bewerten – liegt die Conditio Humana. Es ist die Fähigkeit zur Empathie. Die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden. Die Fähigkeit, die Welt mit den Augen des anderen zu sehen.

Folglich nennt man diese Fähigkeit auch ‚Menschlichkeit‘ und das Fehlen dieser Fähigkeit ‚Unmenschlichkeit‘.

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